Alte Lieder von Wollearbeitern gesucht

Folk-Duo will Liedgut aus der „Stadt in der Stadt“ wiederbeleben

Delmenhorst. Lieder, die einst von den Arbeitern der Nordwolle gesungen wurden, sollen nicht in Vergessenheit geraten. Hans-Hermann Precht, wissenschaftlicher Leiter des Fabrikmuseums, hat das Folk-Duo „Grenzgänger“ deshalb damit beauftragt, nach Delmenhorster Arbeiterliedern zu forschen und sie aufzunehmen.

Die Grenzgänger Michael Zachcial und Jörg Fröse haben sich darauf spezialisiert, altes Liedgut wieder zu beleben. Für ihre CD „Die Schiffe nach Amerika“ – Kostproben gab es während des Museumswochenendes zu hören – stöberten sie in zahlreichen Archiven nach den musikalischen Spuren der deutschen Auswanderer nach Amerika.
So ähnlich soll ihre Aufgabe auch in Delmenhorst aussehen – mit dem Schwerpunkt auf Arbeiterliedern, die auf der Nordwolle gesungen wurden. So könnten die beiden Musiker beispielsweise den Nachlaß des Wollearbeiters Willi Pensel durchforsten. „Pensel war in den 20er Jahren ein landesweit Bekannter Unterhaltungsmusiker“, erklärt Precht, da ließe sich bestimmt einiges zum Thema finden.
Die Grenzgänger sollen die gefundenen Texte auch vertonen, und zwar „in der gleichen schmissigen Art, wie sie es auch mit den Amerika-Liedern getan haben“, sagt Precht. Das Duo hatte sich dabei zwar an Notenvorgaben gehalten, diese aber entstaubt und für moderne Hörer aufbereitet. „Da es aus dieser Zeit kaum Schallaufnahmen gibt, läßt sich das Original ohnehin nicht kopieren“, meint Zachcial. Kommt genug Material zusammen, wollen das Duo und das Fabrikmuseum eine CD herausgeben.
Bisher ist dem Museum der Text eines Liedes bekannt, das die Wolle-Sortiererinnen bei der Arbeit sangen. Den brachte eine Frau zum Museum, die das Lied in ihrer Kindheit von der Großmutter so oft gehört hatte, daß sie es noch auswendig wußte. „Eine Aufnahme dieses Liedes könnte im Museum am Arbeitsplatz der Sortiererinnen über Kopfhörer zu hören sein“, schwebt Hans-Hermann Precht vor.
Er baut darauf, daß sich dieses Beispiel wiederholt: Wer Texte von alten Arbeiterliedern kennt oder verstaubt in einer Schublade liegen hat, soll sich beim Fabrikmuseum , melden.