Empfehlung für die Liederbestenliste

Klar, jeder hatte schon seine berühmteste Textzeile in der Hand. „Einigkeit und Recht und Freiheit“ zierte bekanntlich den Rand unserer Zwei- und Fünfmarkstücke – wie übrigens auch die höherwertigen Geldstücke der Weimarer Republik.

Dass Hoffmann von Fallersleben in Wirklichkeit August Heinrich hieß, ist schon weniger bekannt. Von Fallersleben nannte er sich nach seiner Heimatstadt im Braunschweigischen und um den deutschen Adel zu ärgern. Dass der politisch verfolgte Literaturprofessor in seiner Verbannung auf Helgoland das „Lied der Deutschen“ und damit den Text unserer Nationalhymne schrieb, mag in einer TV-Quizsendung gewusst und zu Geld gemacht werden. Doch schon bei der Frage nach seinen populärsten Volksliedern, wäre wohl ein Ratejoker fällig, oder wussten Sie, dass „Winter ade“ und „Alle Vöglein sind schon da“ auch von ihm stammen?. Zu Unrecht noch mehr in Vergessenheit geraten sind Hoffmann von Fallerslebens politische Lieder, die er vor rund 150 Jahren selbst vortrug; und dies, wie eine damalige Tageszeitung schrieb: „mit einem Humor, unter dem der tiefste Schmerz verborgen liegt“. Fürstenstaaterei, Polizeizensur und die deutschen Philister gaben ständig Anlass zu spitzzüngigen Klagen.

Gewiss hat sich manches gebessert in deutschen Landen. Doch ein Blick vor und hinter die Kulissen des aktuellen politischen Theaters oder gar in die deutsche Seele macht überdeutlich, dass von Fallersleben auch heute noch reichlich Themen für Kritik finden würde. Ja, er müsste sogar seine besten Lieder kaum oder gar nicht verändern. Eines davon gab nun einer empfehlenswerten CD den Titel.

„Knüppel aus dem Sack“ nennt das Bremer Folktrio Grenzgänger seiner Kollektion der, so der Untertitel, „garstigen Gesänge des Hoffmann von Fallersleben“. Stilistisch pendelt die Gruppe um den ausdrucksstarken Sänger Michael Zachcial namensgerecht zwischen Klängen und Rhythmen der alten und der neuen Welt und machen von Fallersleben zum Zeitgenossen. Selbst das folgende Beispiel lässt die Jahrhunderte, die seit der Entstehung des Liedes vergangen sind, vergessen. Das fulminante Mundharmonikaspiel stammt von Steve Baker, der schon für Fränzchen Degenhardt und mach andere Künstler bluesige Akzente setzte.

Hier also „Michels Abendlied“ geschrieben von Hoffmann von Fallersleben, in der Interpretation der Gruppe „Grenzgänger“…“Michels Abendlied“, Grenzgänger – aus der CD: Knüppel aus dem Sack. Die garstigen Gesänge H. Hoffmann von Fallersleben in der Sendung „Liederbestenliste“, Donnerstag, 07.03-2002, 23.00 – 24.00 Uhr im Hörfunk-Programm SWR 2.

Die persönliche Empfehlung im Monat März 2002, von Michael Henkels (Hamburg)